Aneurysmen

Die Blutgefäße, die das Gehirn versorgen, können Aussackungen - sogenannte Aneurysmen - entwickeln. In der Regel wird man nicht mit einem Aneurysma geboren, sondern mit einer Veranlagung zu einer Schwachstelle der Gefäßwand. Im Laufe der Jahre kann sich aus einer Schwachstelle ein Aneurysma entwickeln. Dies geschieht besonders häufig an Stellen, an denen sich das Gefäß verzweigt, da es dort zu einer Teilung des Blutstromes und zu einer zusätzlichen Belastung für die Gefäßwand kommt. Zusätzlich begünstigt wird dieser Prozess durch Faktoren wie Bluthochdruck oder Nikotinkonsum. Häufig treten solche Aneurysmen spontan auf; es gibt jedoch auch familiär gehäuft auftretende Formen. Bei Patienten mit mehr als zwei Aneurysmen sollten Verwandte ersten Grades mittels MRT untersucht werden. Gleiches gilt, wenn bei zwei oder mehr erstgradig Verwandten ein Aneurysma nachgewiesen wurde oder bei eineiigen Zwillingen, bei dem ein Zwilling ein Aneurysma hat.

Nicht jedes Aneurysma muss behandelt werden. Ob eine Behandlung erforderlich ist, hängt von vielen Faktoren ab. Nicht nur die Größe und Lage des Aneurysmas spielen eine Rolle, sondern auch die äußere Form. Um eine umfassende Beratung zu ermöglichen, ist häufig eine zusätzliche Untersuchung mit dem genauesten technischen Verfahren, der Katheterangiographie, notwendig - diese ist nach wie vor der Goldstandard in der Aneurysmendiagnostik.

Wenn bei Ihnen ein Aneurysma diagnostiziert wurde, können Sie sich gerne zur Beratung anmelden:

Terminvergabe Neuroradiologische Sprechstunde

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein unbehandeltes Aneurysma „platzt"?

Die Wahrscheinlichkeit hängt sehr von der Lage und Form des Aneurysmas ab. Aneurysmen der das Kleinhirn und den Hirnstamm versorgenden Arterien bluten schon mit geringeren Größen, als Aneurysmen z. B. an der inneren Halsschlagader. Gleiches gilt für Aneurysmen an der vorderen Hirnschlagader. Generell kann man von einem Blutungsrisiko von 2 bis 4% jährlich ausgehen. Deshalb spielt das Lebensalter bei der individuellen Beratung zu einer möglichen Therapie eine wichtige Rolle.

Was passiert, wenn ein Aneurysma „platzt“?

Kommt es zu einer Blutung aus einem Aneurysma, verschließt sich das Leck in aller Regel zügig von selbst durch ein Blutgerinnsel. Geschieht dies nicht, gelangen die Patienten meist nicht mehr in eine Klinik. Der häufigere Fall ist aber der Austritt von Blut mit anschließendem Verschluss des Aneurysmas von selbst. Das Blut gelangt in den sogenannten Subarachanoidalraum (mit Hirnwasser (Liquor) gefüllter Raum zwischen Hirnhaut und Hirnoberfläche); die Blutung wird deshalb Subarachnoidalblutung genannt. Die Symptome des Patienten reichen hierbei von starken Kopfschmerzen („wie noch nie“) mit Schwindel und Übelkeit bis zum sofortigen Koma. Die Gefahr, dass es zu einer weiteren Blutung kommt, ist in den ersten Tagen nach erlittener Subarachnoidalblutung sehr hoch. Da diese Nachblutung häufig nicht überlebt wird, ist die Therapie des Aneurysmas erforderlich. Der Patient wird zunächst diagnostisch angiographiert. Anschließend erfolgt die Besprechung des Falles mit den Kollegen aus der Klinik für Neurochirurgie und ggf. Neurologie und Festlegung der individuell besten Therapieform. 

Wie funktioniert das Coiling?

Bei der Aneurysmabehandlung mit Coils (Platinspiralen) wird das Aneurysma minimalinvasiv von „innen“ durch die Blutgefäße hindurch behandelt. Der Patient liegt in Vollnarkose; dies nicht weil Schmerzen entstehen könnten, sondern um jedwede Bewegung des Patienten während der Behandlung auszuschließen. Der Zugang erfolgt durch die Beinschlagader, knapp unterhalb der Leiste. Mit einem dünnen Schlauch (Katheter) wird das Aneurysma sondiert. Durch diesen werden mehrere Platinspiralen in das Aneurysma eingelegt. Das führt im Idealfall zu einer Füllung des Aneurysmas mit Coilmaterial zu 40 bis 50 % und dadurch zu einer Verlangsamung des Blutstromes im Aneurysma. Es bildet sich dadurch ein stabiler Komplex aus Platinspiralen und organisiertem Blut. Das Aneurysma ist dann aus der Blutzirkulation ausgeschaltet.

Coils werden ständig weiterentwickelt und sind bei uns in über 200 verschiedenen Formen und Materialien auf Lager; stets nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zusammengestellt. Ideal für ein „reines“ Coiling ist, wenn das Aneurysma dem Blutgefäß schmal aufsitzt, also im weitesten Sinne tropfenförmig ist. Dann sind die Coils stabil im Aneurysma zu verankern. Ist die Kontaktfläche des Aneurysmas breiter, kann es sinnvoll sein, einen Stent einzusetzen, um die Kontaktfläche künstlich zu verengen und die Coils im Aneurysma zu stabilisieren. Stents gibt es ebenfalls in vielen verschiedenen Formen und Arten.

Für manche Aneurysmen ist die Behandlung mit einem sogenannten Flow-Diverter („Flussteiler“) sinnvoll. Hierbei handelt es sich um einen Stent mit sehr enger Maschendichte. Dies führt dazu, dass der Blutstrom kaum mehr in das Aneurysma gelangt. Durch die geänderten Fluss- und Druckverhältnisse gerinnt das Blut im Aneurysma, welches dann im Laufe von Monaten schrumpft.

Eine andere Behandlungsmethode, die in einigen Fällen sinnvoll sein kann, sind Flussteiler im Aneurysma (sogenannte WEB-Device). Bei diesem Verfahren werden nicht mehrere Coils in das Aneurysma eingelegt, sondern ein einzelnes Implantat, das den Blutstrom ebenfalls aus dem Aneurysma leitet.

Bild 1: MRT-Untersuchung mit Nachweis eines Aneurysmas an der Aufteilungsstelle der rechten mittleren Hirnschlagader (Pfeil)
Bild 2: Korrelierende Katheterangiographie; Darstellung des Aneurysmas an der Aufteilungsstelle der rechten mittleren Hirnschlagader (Pfeil)
Bild 3: 3D-Rekonstruktion des Aneurysmas an der Aufteilungsstelle der rechten mittleren Hirnschlagader (Pfeil)
Bild 4: Ausgeschaltetes Aneurysma nach erfolgreicher Coil-Behandlung (Pfeil)
Bild 5: Katheterangiographische Darstellung eines sehr großen Aneurysmas der inneren Halsschlagader (Pfeile)
Bild 6: Einbringen eines sogenannten „Flow-Diverters“ (Pfeile)
Bild 7: In der Kontrolluntersuchung nach sechs Monaten ist das Aneurysma nicht mehr nachweisbar.
Bild 8: Aneurysma am Kopf der Basilararterie (Pfeil) in der Katheterangiographie
Bild 9: Nach erfolgreicher Behandlung mittels Web-Device ist das Aneurysma ausgeschaltet.